04.10.2010 ::: 16:55 - 17:15

Das digitale Fenster - Informationsmanagement im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig - Volker Rodekamp

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Das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig wurde auf der Grundlage der Sammlungen des Leipziger Geschichtsvereins 1909 gegründet und umfasst heute neben einem multifunktionalen Neubau das Renaissance-Rathaus ebenso wie die Literaturgedenkstätte Schillerhaus oder das Monument Völkerschlachtdenkmal.
Die stetig wachsenden musealen Sammlungen werden seit über 100 Jahre im Museum konservatorisch betreut, verwaltet und geordnet.
1998 wurde mit Unterstützung eines externen Museumsberaters, später mit dem Zuse-Institut Berlin sowie zusätzlichen Arbeitskräften(gefördert durch das Arbeitsamt) mit der Erfassung der Sammlungen begonnen. Wohl wissend, das nicht alle aufbereiteten Daten aus Zeit- und Personalmangel einer vorherigen wissenschaftlichen Überprüfung unterzogen werden konnten, wurde ein bedeutsamer Schritt im Jahre 2006 gewagt. Wir gingen mit unseren Daten ins Internet, zunächst vorsichtig mit nur 25 000 Objekten. Von Beginn an sind wir mit den Nutzern in einen Dialog getreten, die die Möglichkeit haben, zu jedem Objekt ergänzende oder korrigierende Hinweise zu geben.
Dieser Dialog mit den Nutzern erbrachte vielfältige Hinweise und Ergänzungen, die das Wissen im Hause wesentlich vermehrten und neue Verbindungen zu spezialinteressierten nationalen und internationalen Sammlern und Fachwissenschaftlern herstellten.
Unsere Sammlungen sind inzwischen in verschiedenen nationalen und internationalen Portalen zu finden, wie dem BAM-Portal, Kalliope und in der EUROPEANA.
Das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig stellte als erstes Museum aus Deutschland dem europäischen Portal Europeana Digitalisate in bedeutenden Umfang zur Verfügung.
Zurzeit sind dies 120 000 Objektdaten u.a. aus den Breichen Alltagskultur: Möbel, Kleidung, Fahnen, Kunst und Kunsthandwerk: Gemälde, Grafiken, Plakate, Postkarten, Pläne, aus der Stadt- und Landesgeschichte: Autographen, oder der Numismatik: Münzen und Medaillen sowie Objekte aus dem Bereich Militaria.
Die Objekte dokumentieren in einzigartiger Weise die Geschichte der Stadt und die Sammlung des Hauses.
Die Lieferung der Daten zur Europeana erfolgte zunächst direkt und ab 2010 über das Projekt ATHENA.
Einige Beispiele sollen belegen, wie andere Forschungseinrichtungen von unseren online zur Verfügung stehenden Sammlungen profitieren:
Für Gesamtausgaben von Briefen und Manuskripten zu verschiedenen Musikern wie Carl Maria v. Weber, Max Reger oder Franz Liszt fanden Wissenschaftler über die Internet-Portale (Kalliope, Europeana) Briefe aus unseren Beständen, die Ihnen bisher unbekannt waren und werteten sie aus.
Auch ausländische Wissenschaftler wie z.B. der Universität Oslo, die eine Gesamtausgabe von Henrik Ibsen vorbereiteten, fanden Briefe von ihm in unseren Beständen.
Wir erhalten über unser Dialogfeld zu den unterschiedlichsten Museumsobjekten ergänzende Informationen, z.B. die korrekte Lesart und Übersetzung eines Plakats in koreanischer Sprache (irrtümlich zuvor als chinesisch bezeichnet).
Wir erhalten auch sehr viele ergänzende biografische und geographische Angaben zu unseren Sammlungen.
Unsere positiven Erfahrungen aus dieser Entwicklung zeigen, dass auch kleinere Museen von der Europeana profitieren. Deshalb möchten wir die kleineren Museen ermutigen, bei diesen neuen Entwicklungen mitzugehen und ihre Sammlungen ins Netz zu stellen, um den Dialog mit den Nutzern zu erweitern - es sind nicht zuletzt wir, die Museen selbst, die davon profitieren.

 
[... vita: ]

Volker Rodekamp, geboren 1953 in Bielefeld, Studium der Volkskunde, Ethnologie und Publizistik sowie Volkswirtschaft in Braunschweig und Münster. Promotion 1980 mit einer handwerksgeschichtlichen Untersuchung zum Strukturwandel eines traditionellen Handwerks im 20. Jahrhundert. Volontariat am Rheinischen Freilichtmuseum Kommern / Landesmuseum für Volkskunde.
1983 Leiter des Mindener Museums für Geschichte, Landes- und Volkskunde in Minden (ab 1986 neben der Museumsleitung auch Leiter des Kulturamtes der Stadt Minden).
Seit 1996 Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig.
Lehraufträge an der Universität Münster, der Humboldt-Universität Berlin und der Universität Leipzig. Mitwirkung in wissenschaftlichen Organisationen und Fachverbänden (u. a. Institut für sächsische Geschichte und Volkskunde e.V.).
Mitglied in wissenschaftlichen Beiräten und Kommissionen (u. a. Kulturstiftung Leipzig, Stiftung Völkerschlachtdenkmal Leipzig; Volkskundliche Kommission für Westfalen; Forschungen zu Theorie und Praxis der Museumsarbeit, Handwerksforschung, Kulturtheorie und -praxis, Freizeit- und Tourismusforschung).
Seit 2003 Vorstandsmitglied des Deutschen Museumsbundes.
Seit Mai 2010 Präsident des Deutschen Museumsbundes
Volker Rodekamp ist Vater von zwei Söhnen.

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